Ralf Kuhn als Lebensretter geehrt

Beherztes Eingreifen am Sportplatz

Am 26. Februar 2023 ist der erste Spieltag in der Landesliga Odenwald nach der Winterpause. Ottmar Riedel freut sich auf das Heimspiel des FV Lauda gegen den VfR Uissigheim. Sein FV ist Tabellenführer und macht sich Hoffnungen auf den Aufstieg in die Verbandsliga Nordbaden. Vom Wohnhaus ist das Tauberstadion bequem zu Fuß zu erreichen. Als er auf seinen gewohnten Platz auf der linken Seite hinter der Grillstation zusteuert, sind die Spieler beider Teams noch beim Aufwärmen. Nicht im Traum hätte sich der 82-Jährige Rentner vorstellen können, dass er vom Anpfiff des Spiels durch Schiedsrichter Marco Öttl aus Oberpolling nichts mehr mitbekommen und seine Erinnerung an die folgenden Ereignisse und Tage völlig ausgelöscht sein würde. Kurz vor Spielbeginn verliert er das Bewusstsein und sackt auf dem kalten Steinboden zusammen. 

Niemand scheint den Ernst der Lage so richtig wahrgenommen zu haben, bis auf Ralf Kuhn, der ehrenamtlich regelmäßig bei Heimspielen an der Grillstation hilft. Als ein Zuschauer zur Grill-AG kommt, von einem Kreislauf-Kollaps berichtet und nach einer Decke fragt, läuft Ralf Kuhn nach draußen und trifft einen bewusstlosen, im Gesicht bereits blau angelaufenen Menschen an. Als von anderen Zuschauern der Notruf abgesetzt wird, hat Ralf Kuhn zur Wiederbelebung schon entschlossen die Jacke geöffnet, das T-Shirt aufgerissen und mit der Herzdruckmassage begonnen. Gleichzeitig setzt er nach der Regel „30 Mal, drücken, zweimal beatmen“ die Mund-zu-Nase-Beatmung ein, um sicherzustellen, dass Ottmar Riedel ausreichend Sauerstoff erhält. Seine lebensrettenden Maßnahmen sind von Erfolg gekrönt, als Ottmar Riedel nach der dritten Serie plötzlich tief Luft holt, dann wieder regungslos liegenbleibt, aber offenbar wieder atmet. Vorsorglich massiert er weiter, bis mit dem RTW und dem Notarzt die dringend benötigte medizinische Hilfe eintrifft, um den Patienten zu stabilisieren. Dann übernimmt ein vom Arzt angeforderter Rettungshubschrauber den Transport in die Würzburger Uni-Klinik. Von alldem bekommt Ottmar Riedel nichts mit. In der Klinik wird er nach einem schweren Herzinfarkt für mehrere Tage ins künstliche Koma versetzt, um seine Vitalfunktionen zu kontrollieren. Mit einem eingesetzten Herzschrittmacher stabilisiert sich sein Zustand. Ein Leben wird  dank des mutigen und schnellen Handelns von Ralf Kuhn gerettet, ohne dass dieser großes Aufheben darum machen will. Alle zwei Jahre frischt er über die Berufsgenossenschaft seine Kenntnisse über einen Erste-Hilfe-Kurs auf: „Dies hat mir vielleicht dazu geholfen, das Richtige zu tun: „Man sollte aber auch sonst keine Angst haben, denn nur wer nicht hilft, macht etwas verkehrt.“ Das Punktspiel des FV Lauda gegen den VfR Uissigheim beginnt dann mit halbstündiger Verspätung.

Die Geschichte endet dennoch nicht hier. Der FV Lauda ehrt Ralf Kuhn als Lebensretter und überreicht ihm am letzten Sonntag vor dem Heimspiel gegen Türkspor Mosbach einen Präsentkorb. Ottmar Riedel erhält eine Jahresfreikarte für alle Heimspiele des FV. 

Der FV-Vorstand geht noch einen Schritt weiter und organisiert einen Lebensretter-Kurs, der am 6. Oktober im Vereinsheim in Lauda stattfinden wird. Spieler, Vereinsmitarbeiter und Fans  werden dazu eingeladen, die grundlegenden Fähigkeiten zur Reanimation zu erlernen und sich auf Notfälle vorzubereiten. FV-Präsident Kristofer Schädle hat dazu über den Badischen Fußballverband die Schulung „Lebensretter sein“ der Deutschen Herzstiftung angefordert, die Johannes Peter aus Landau am 6. Oktober im FV-Vereinsheim durchführen wird.

Eine vorbildliche Aktion, denn einerseits hört man immer wieder von Fällen plötzlicher Herzinfarkte beim Sport. In Deutschland erleiden jedes Jahr über 60.000 Menschen einen Herz-Kreislauf-Stillstand, bei dem besonders die Minuten bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes entscheidend sind, um die Überlebenschancen der betroffenen Menschen zu wahren. Andererseits führen zu wenig Ersthelfer eine Reanimation durch. Das wichtige Thema „Erste Hilfe“ muss viel stärker in der Gesellschaft verankert werden.

 

Bericht: Felix Röttger